Niederlitauen (Žemaitija)
Niederlitauen war schon immer eine eigenständige Republik – ein Teil Litauens, und gleichzeitig auch nicht. Eine Region, die sich über Jahrhunderte ihre Identität, ihre Kultur bewahrt hat, und die Žemaiten haben ihren hartnäckigen Charakter und ihre Sprache. Die Žemaiten wurden als letzte Heiden Europas getauft, und die Opferstätten des alten Glaubens kann man heute noch auf Burghügeln finden. Es ist wunderbar, in einem der geheimnisvollsten Gebiete Litauens nach Spuren der dramatischen Geschichte zu suchen. Das Ergebnis der Suche kann sehr unverhofft sein.

Die im Nordwesten Litauens befindliche Region Žemaitija (dt. Samogitien) unterschied sich zu jeder Zeit von den anderen ethnografischen Gebieten. Der Name verweist auf das litauische Wort „Žemė“ (dt. Erde) oder žemai (dt. unten) hin. Die Eigenarten der Žemaiten begannen sich sehr früh herauszubilden, genauer gesagt, als sich die Gruppen der West- und Ostbalten trennten. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die kulturelle Abgeschiedenheit der Niederlitauer durch historische und politische Umstände noch weiter verstärkt – Niederlitauen gehörte erst dem Deutschen Orden an und wurde später an das Großfürstentum Litauen angeschlossen, wobei sich die Žemaiten umfängliche Autonomierechte erkämpften.

Die Žemaiten sind Virtuosen in der Zubereitung verschiedener Suppen, Eintöpfe und Breie. Über die Grenzen Litauens hinaus bekannt ist der „Kastinys“ – ein origineller Aufstrich aus Schmand, Butter, Knoblauch und Gewürzen, der gekühlt serviert und anschließend zu heißen Kartoffeln oder Brot gegessen wird. Entweder für feierliche Anlässe oder den alltäglichen Verzehr zubereitet, wird er je nach Lust und Laune, mit Sauermilch oder Kefir angereichert.

Die niederlitauische Hauptstadt Telšiai ist umringt von sieben Hügeln und dem Mastis-See. Die Stadt hat den ursprünglichen Grundriss beibehalten können und ist eine von sieben Denkmalgeschützen Altstädten Litauens. Neben zahlreichen Backsteinhäusern, sind auch Gebäude aus dem 17. und 18. Jahrhundert erhalten geblieben. Im Zentrum der Stadt befindet sich beispielsweise der Bischofsdom, der 1791 im Barockstil errichtet wurde.
Die größte Stadt der Region ist Šiauliai, die man bereits von Weitem am 70 m hohen Turm der „Peter und Paul Kathedrale“ erkennen kann. Das Städtchen ist Ausgangspunkt für den „Berg der Kreuze“ – einem rund neun Meter hohen Hügel aus Kreuzen, die dicht an dich und in allen Größen und Formen den einstigen Burghügel dekorieren. Der Wallfahrtsort steht als Symbol des Leidens und Gedenkens, aber auch der Liebe und Hoffnung. Er spiegelt den Geist der litauischen Seele wider und hinterlässt auch bei Besuchern einen tiefen Eindruck.